Gründe gegen eine Anzeige (Mai im Interview durch Ursula Schulenburg)

Gründe gegen eine Anzeige (Mai im Interview durch Ursula Schulenburg)

Jul 05

Heute ist alles anders. Denn Ursula Schulenburg und ich haben die Hüte getauscht. Dieses mal interviewt sie mich über meine Geschichte.

Wie du mittlerweile vielleicht weißt, bin ich selbst eine Survivor Queen. Das bedeutet, dass ich in meiner eigenen Kindheit sexualisierte Gewalt von Missbrauch bis hin zur Vergewaltigung erleben musste.

Das ist lange her. Heute bin ich der Mensch, den ich früher gebraucht hätte.

Der Augenblick, wenn man mit seinem Trauma konfrontiert wird

Ich bin der festen Überzeugung, dass mein Unterbewusstsein nur auf den richtigen Augenblick gewartet hat, um mit dem Trauma um die Ecke zu kommen.

Ich glaube, es war der Moment, in dem ich genug Ressourcen dafür hatte. Sowohl Äußere, wie z.B. eine abgeschlossene Berufsausbildung als auch Innen wie z.B. viel Beschäftigung mit Persönlichkeitsentwicklung.

Mein Körper wusste ganz genau, wann ich bereit war, um mich mit meinem Trauma und den Erinnerungen auseinanderzusetzen - auch wenn ich das damals vielleicht etwas anders gesehen habe. (Was habe ich geflucht…)

Und ganz ehrlich: Bereit fühlt man sich eh nie, oder?

Als mir klar war, dass ich etwas tun muss, habe ich mich beim Weißen Ring, einem Opferschutzverein, gemeldet und zum Glück auch recht schnell einen Therapieplatz bekommen.

In der Beratung des Weißen Rings erfuhr ich dann sogar, dass die Tat noch nicht verjährt war.

Ich habe mich für eine Anzeige gegen den Täter entschieden

Mir war sofort klar, dass ich Anzeige erstatten möchte. Mir fielen zwar mindestens 1.000 Gründe ein, die dagegen sprachen, aber dennoch wusste ich ganz klar, dass ich eine Anzeige machen möchte und muss.

Ich wusste, dass es mich sonst mein Leben lang beschäftigen würde. Die Frage nach dem: “Was wäre wenn…?”

Außerdem hat sich mein Beschützerinneninstinkt ganz klar gemeldet: Ich wollte andere potentielle Opfer beschützen. Wer weiß, ob ich erste oder zehnte bin, die diesen Mann anzeigt?

Ich wollte seinem Treiben ein Ende setzen! Es hat knapp drei Jahre gedauert bis es endlich zum Gerichtstermin kam.

In Deutschland führen nur ca. 8% der Anzeigen gegen sexualisierte Gewalt zu einer Verurteilung, weshalb ich mir lange Szenarien ausgemalt habe, was alles im Gerichtssaal passieren könnte.

Anzeige gegen sexualisierte Gewalt - alles kam anders als erwartet

Doch es kam alles ganz anders als erwartet.

Denn im Flur vor dem Gerichtssaal traf ich den Täter. Er ging vor mir auf die Knie. Er bat um Vergebung.

Danach konnte ich mich sogar auf ein Gespräch im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs bei Gericht mit einem Mediator einlassen.

In diesem Gespräch konnte ich ihm all die Fragen stellen, die ich ihm schon immer stellen wollte. Ich konnte seine Verzweiflung spüren. Ich konnte spüren, dass es wirklich bereut, was er da für einen Mist gemacht hat.

Das war ein unfassbar heilsamer Moment für mich und ein klarer Wendepunkt, denn in diesem Moment ist das Bild des Monsters, vor dem ich den Großteil meines Lebens Angst hatte, in sich zusammengefallen.

Mein persönlicher Heilungsprozess

5 Prozesstage über mehrere Wochen verteilt hat der Gerichtsprozess gedauert und nach 3 Jahren habe ich es geschafft, meine posttraumatische Belastungsstörung gehen zu lassen.

Wenn du eine Sache aus meiner ganz persönlichen #metoo-Story mitnehmen möchtest, dann gerne diese: Du bist nicht alleine.

Wenn du die Folge hören möchtest, wo ich zum allerersten mal darüber erzähle und meine Geschichte offenbare, dann schau gerne hier vorbei.

Hilfreiche Ressourcen:

Kostenloses E-Book herunterladen.
Ein Dankeschön in die virtuelle Kaffeekassen werfen
7 Tipps für mehr innere Ruhe trotz Trauma
Alles anderen Links findest hier

Links von Ursula:
Ursula Schulenburg | Author, Speaker and Transformative Life Coach
Ein Freebee zum Thema „Trauma heilen“ gibt es hier.

Erwähnte Ressourcen:

Brené Browns Ted Talk: Die Macht der Verletzlichkeit  
Buch: Das Kind in dir muss Heimat finden *
3 Schritte der Heilung nach sexuellem Missbrauch - Spotify

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About the Author

Hi, ich bin Mai 😊 Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht Opfern sexuellen Missbrauchs zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Auch wenn eure Scham und Angst etwas anderes erzählen: Das ist nicht wahr! Und es kommt noch besser: Der richtige schöne Teil eures Lebens liegt noch vor euch! Ich habe es geschafft, aus dem schlimmsten Erlebnis meines Lebens, eine enorme Kraft zu ziehen & mein Leben nach meinen Ideen neu zu gestalten - also kannst du das auch! Deine Mai 💛

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