Die meist gestellten Fragen über Polyamorie 🔥 - Wir antworten (Teil 1/2)

Die meist gestellten Fragen über Polyamorie – Wir antworten (Teil 1/2)

Jun 22
gluecklich in einer polygamen Beziehung

Du spielst mit dem Gedanken dich für Polyamorie/ offene Beziehung ernsthaft zu öffnen? Oder vielleicht befindest du dich in der Phase das mit deinem Partner zu besprechen? Vielleicht bist du auch einfach neugierig auf das Thema?

Dann ist diese Podcastfolge ungemein interessant für dich. Wir besprechen Unterschiede zur monogamen Beziehung, Beweggründe eine Beziehung zu öffnen, Grundregeln, Eifersucht und vieles mehr. Wir gehen in die Tiefe der meist gestellten Fragen über Polyamorie/offene Beziehung.

In diesem Teil beantwortete ich dir mit meiner Interviewpartnerin Kathrin, die Coach für offene Beziehung ist, Fragen aus der Community zu Polyamorie/offene Beziehung. Wir erzählen euch, aus unserer Sicht und von unseren Erfahrungen. Lese dazu einfach weiter.

Im zweiten Teil erfährst du dann, wie ich zu meiner ersten offenen Beziehung kam. Kathrin und ich beantworten dir wie du deinem Partner erklären kannst, dass du die Beziehung öffnen willst, ob Partner die fremdgehen auch gleich polyamor sind oder Polyamorie ein Produkt unserer modernen Gesellschaft ist, um sich nicht festlegen zu müssen?

Außerdem erzählt dir Kathrin ein bisschen mehr von ihrem Projekt: Der sicheren Internetplattform für alle, die in Polyamorie und/oder offene Beziehung interessiert sind oder sogar schon danach leben.

Mai: Herzlich willkommen zu einer neuen Interview-Folge. Heute habe ich wieder einen ganz besonderen Gast bei mir: Kathrin Weidner.

Wir kennen uns schon seit einigen Jahren über Social Media. Dank diesem Interview kommen wir jetzt auch dazu miteinander zu sprechen und uns zu sehen.

Wir sind aufeinandergestoßen, weil wir beide in zwei sehr ähnlichen Richtungen unterwegs sind, nämlich offene Beziehung und Polyamorie.

Ich lebe es einfach seit mittlerweile über drei Jahren und Kathrin ist da noch ein bisschen professioneller unterwegs. Sie ist nämlich Coach für offene Beziehung.

Hi Kathrin schön, dass du da bist! Magst du noch ein paar Worte zu dir verlieren?

Kathrin: Hi Mai, vielen Dank das ich dabei sein dar. Es ist als hätten wir uns schon ewig gekannt.

Du hast gerade ja schon gesagt, ich bin Coach für offene Beziehung, lebe das natürlich auch selber. Wir sind mittlerweile fünf Jahre in einer offenen Beziehung/ Polyamor/ Monogam. Das verfloss inzwischen ein bisschen ineinander.

Und seit einiger Zeit habe ich eine Coaching-Ausbildung gemacht, um auch andere Leute dabei zu unterstützen ihren eigenen Weg in ihre Beziehung zu finden.

Coach für offene Beziehungen und Polyamerie

Kathrin ist Coach für offene Beziehungen und Polyamorie

Da geht es mir überhaupt nicht darum, dass alle offen leben müssen oder alle ihre Beziehungen überdenken sollen aber ich setze mich schon sehr dafür ein, das jeder bewusst Beziehung lebt und sich damit auseinandersetzt: Was möchte ich eigentlich genau? Passt das so?

Nicht einfach so im vollautomatischen Modus in die Monogamie geht und tief in sich eigentlich was ganz anderes möchte.

Darüber schreibe ich viel auf Instagram, es macht mir total Spaß und es ist schön so viele Leute kennenzulernen und zu sehen wie bunt man eine Beziehung eigentlich gestalten kann.

Mai: Ich habe drei Kennenlernfragen für dich, ich gebe dir drei Worte vor und du sagst, welches davon am ehesten passt. Sonnenbrille, Skibrille oder Lesebrille?

Kathrin: Lesebrille.

Mai: Handgepäck, Koffer oder Backpack?

Kathrin: Handgepäck.

Mai: PC, Tablet oder Smartphone?

Kathrin: Laptop.

Fragen der Community zu Polyamorie und offener Beziehung

was bedeutet liebe wirklich

Was bedeutet Liebe wirklich?

Mai: Wir haben eure Fragen gesammelt aus meiner und Kathrins Community. Alles, was irgendwie irgendwen zum Thema offene Beziehung und Polyamorie interessiert hat.

Deswegen nehmen wir die einfach mal als Leitfragen und quatschen ein bisschen aus dem Nähkästchen über das Thema. 

Der Unterschied zwischen polyamoren und monogamen Beziehungen

Mai: Eine sehr grundsätzliche Frage, die von einigen kam, war zum Beispiel, was eigentlich der Unterschied zwischen polyamoren und monogamen Beziehungen ist?

Kathrin: Gerade am Anfang, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt, merkt man, dass es noch eine ganz Neue Welt gibt, mit Formen von Beziehung, die man noch gar nicht kennt.

Ich finde es wichtig, dass man eine Definition hat, aber man darf auch wissen, das alles auch immer ineinander übergeht.

Im Allgemeinen Sinne basiert eine offene Beziehung auf einer Hauptbeziehung, also einer ganz normalen Partnerschaft, in der man sich mit anderen Partnern treffen kann.

Und da geht es hauptsächlich um sexuelle Freiheit und nicht darum emotionale Bindungen oder eine zweite Beziehung zu führen.

Im Gegensatz zur Polyamorie wo man offen dafür ist, dass auch ein anderer Partner mit in die Beziehung kommt.

Da kann es zum Beispiel eine Dreiecksbeziehung sein, dass zum Beispiel ich jetzt einen anderen Partner habe, also einen wirklichen Freund neben meiner Hauptbeziehung habe.

Auch da gibt es dann wieder Abstufungen: Manche Leute gestalten es so, dass es eine Hauptbeziehung gibt und verschiedene Nebenbeziehungen, die dann auch hierarchisch angeordnet sind.

Mit dem einem teilt man zum Beispiel nur den Alltag, das Leben, die Wohnung und dann gibt es aber noch einen Partner, den man liebt und der ist auch mit in diesem Leben und es gibt Paare die Gestalten, das alles gleichwertig. 

Da gibt es keine Hauptbeziehung, sondern einfach zwei oder mehrere Partner.

Würdest du noch etwas ergänzen?

Mai: Ich musste ein bisschen schmunzeln bei der Frage von Jan, der uns einen kleinen Stein in den Weg gelegt hat. Und zwar meinte er, wie wir denn den Unterschied erklären würden, wenn wir Sex nicht mit benutzen dürften in der Definiton.

Tatsächlich fällt es mir sehr schwer das, ohne Sex zu formulieren, weil für mich geht es, in einer reinen offenen Beziehung wo es eben nicht darum geht noch jemand anderen zu lieben, hauptsächlich darum neue Haut zu fühlen und Sex mit anderen zu haben.

Kathrin: Man könnte es natürlich auf einer Beziehungsebene sehen, gerade bei Polyamorie kann ich mir vorstellen, dass es einfach Konstellationen gibt, da findet kein Sex im klassischen Sinne statt aber es ist trotzdem eine Liebe da, eine Verbundenheit und das muss nicht unbedingt immer Sex sein.

Beim Thema offene Beziehung finde ich auch ganz wichtig, dass es bei vielen in einer offenen Beziehung gar nicht darum geht, Sex mit anderen zu haben, sondern um offen zu sein für das, was kommen kann: Da kann es auch nur um einen Flirt oder ein Knutschen gehen.

Es muss nicht immer gleich Sex sein. Vielleicht ist es einfach nur eine Verbindung, die da ist und die dann in dem Moment gelebt werden kann, ohne das es gleich sexuell wird.

Warum eine Beziehungen öffnen?

was sind die Regeln offener Beziehung

Was sind die Regeln einer offener Beziehung und bei Polyamorie?

Mai: Das ist schön gesagt. Für mich war auch total spannend, als ich noch in monogamen Beziehungen gelebt habe, sobald ich irgendwie mal auf einer Party war und wen kennengelernt habe, einen Typen einfach ultraspannend fand, mein schlechtes Gewissen aber direkt kam und gesagt hat: Vielleicht entwickelt sich daraus mehr und vielleicht gehe ich dann noch meinem Partner fremd.

Dann habe ich diesen ultratollen Typen, der aus irgendeinem Grund für mich superspannend war stehen lassen und ihm die kalte Schulter gezeigt.

Das sind so Momente, an die ich mich noch aus meiner monogamen Zeit erinnere, wo ich so froh und dankbar bin, dass es heute anders ist, weil ganz oft haben sich aus diesen Momenten mittlerweile echt gute Freundschaften entwickelt. 

Klar, manchmal Sex, manchmal flirten, manchmal knutschen aber ganz oft auch einfach eine gute Freundschaft, weil wir anscheinend auf einer Wellenlänge waren. Da bin ich voll dankbar für.

Kathrin: Was ich selbst kenne, ist auch das mit dem schlechten Gewissen. Wenn wir über Beziehungen öffnen, sprechen dann klingt es immer gleich so dramatisch.

Alle denken immer gleich das man jetzt Daten und viele verschiedene, andere Sexpartner haben muss aber ich glaube, darum geht es den meisten Leuten gar nicht.

Sondern genau um diese kleinen Situationen. Deswegen hab ich auch oft gesagt: situativ offen. Für mich ist Beziehung öffnen auch genau für solche Situationen offen zu sein.

Da ist irgendwie jemand Spannendes und dann darf das alles sein und ist nicht gleich dieser Riegel davor: “Ich bin ja in einer Beziehung und ich muss mich schlecht fühlen, ich darf das nicht, das muss sofort unterbunden werden.”

Es gibt ja auch den Fall das man total begeistert von jemanden ist und dann stellt sich im Nachhinein heraus, dass das doch nichts war.

Selbst das ist ja total schön, dieses sich der Situation gegenüber, den Menschen, die da sind, den Gefühlen, die da sind, zu öffnen. Es muss nicht gleich Sex sein, es kann auch einfach nur eine Offenheit sein.

Warum kommen Paare zu einem Coaching für offene Beziehung und Polygamie?

hollywood und liebe

Was sind Deine Beweggründe eine Beziehung öffnen zu wollen?

Mai: Eine Frage von Swetlana noch ein bisschen Spezieller: Was ist der Hauptgrund für Paare ihre Beziehung zu öffnen? Ich glaube da gibt es ganz viele wie auch gerade schon der über den wir geredet haben aber dadurch, dass du Coach bist, kannst du uns vielleicht auch einfach einen Einblick geben, wie es bei dir aussieht: Mit welchen Anliegen kommen die Paare zu dir? Was ist deren Hauptbeweggrund?

Kathrin: Sehr gute Frage. Da gibt es natürlich tausend Antworten und tausend Motive, warum Menschen ihre Beziehung öffnen wollen. Fangen wir mal kurz bei den Motiven an, die meistens nicht funktionieren und genauer gesagt Ausflüchte sind.

Ich glaube, das viele Menschen eine kriselnde Beziehung retten wollen, indem sie sie öffnen. Ein bisschen wie ein Kind kriegen, um die Beziehung zu retten.

Beziehung öffnen, um Beziehungen zu retten, kann funktionieren, muss aber nicht. Wenn man es macht, weil einem in der Beziehung etwas fehlt, weil man selber überhaupt keine Basis mehr hat, weil man keine Gemeinsamkeiten mehr hat, der Sex nicht gut ist, also aus einer Mangelhaltung heraus die Beziehung öffnet, ist es meistens keine gute Idee. 

Ich kenne viele Paare, die ihre Beziehung öffnen, die schon unglaublich lange zusammen sind, die Kinder haben, ein Haus, die klassische Konstellation ist da und die merken einfach, dass sie zusammenbleiben wollen aber sie haben auch noch andere Wünsche.

Die Frage, nach dem Motto: War es das jetzt schon? Soll es das gewesen sein?

Die Beziehung aus einer Neugier heraus zu öffnen und aus Lust sich lebendig zu fühlen. Lebendig fühlen höre ich ganz oft: “Ich möchte frei sein, mich entfalten können, mich lebendig fühlen.”

Dass sind dann die Paare, die sich das gut überlegen, die vielleicht gemeinsam sogar den Schritt gehen, wo eine gute Basis da ist, wo viel Ehrlichkeit da ist, die dann einfach neue Wege für sich gehen und gemeinsam Neues entdecken.

Die Grundregeln einer offenen Beziehung

was bedeutet Treue eigentlich, was sind deine Regeln

Was bedeutet Treue eigentlich? Was sind deine Grundregeln?

Mai: Eine weitere Frage der Community: Gibt es Grundregeln oder was sind die wichtigsten Grundregeln bei einer offenen Beziehung?

Kathrin: Ja total viele. Was würdest du sagen?

Mai: Für mich persönlich und auch im Gespräch mit anderen habe ich immer wieder gemerkt, das dass allerwichtigste Offenheit und Ehrlichkeit ist. Mit sich selber und eben auch mit dem Partner.

In dem Moment, in dem ich irgendjemand total heiß finde und flirte und das meinem Partner verschweige, fühlt sich das für mich auch in einer offenen Beziehung nach Fremdgehen und Lügen an.

Es kommt auf die Vereinbarung in der Polyamorie an und unsere Vereinbarung ist eben der Grundsatz: Offenheit und Kommunikation miteinander, wenn ich, nachdem ich geflirtet und geknutscht habe, zu meinem Partner gehe und das sage, ist das vollkommen in Ordnung.

Nur dann, wenn ich das für mich behalte und das ein Geheimnis ist dann fängt das für mich an, sich komisch anzufühlen. Ich glaube auch, dass mein Partner das merkt.

Kathrin: Offenheit und Ehrlichkeit wären auch die ersten zwei die ich gesagt hätte.

Eigenverantwortung finde ich noch ganz wichtig. Es wird immer Momente geben, wo es schwierig ist: Man fühlt sich vielleicht mal eifersüchtig, da ist man nicht in seiner Kraft und es fühlt sich alles plötzlich doof an oder man fühlt sich einfach schlecht.

Da sich einzugestehen es ist nicht die Schuld vom Partner, sondern sich selbst zu hinterfragen. Was ist gerade mit mir los? Warum habe ich plötzlich diese Ängste?

Der Partner macht es nicht, um mich eifersüchtig fühlen zu lassen, sondern was geht mit mir jetzt gerade ab?

Da ist auch die Persönlichkeitsentwicklung eine große Chance, sich selber besser kennenzulernen und an sich arbeiten zu können.

Zum Thema Ehrlichkeit würde ich noch etwas ergänzen. Ob Ehrlichkeit wirklich so eine Grundregel sein muss? Ich finde einerseits stimmt das aber ich finde auch da gehört eine gewisse Flexibilität dazu.

Viele Paare stellen sich am Anfang ein Riesen-Regelwerk auf. Dann wird eine Regel gebrochen. Da finde ich es wichtig, in Relation zu sehen.

Warum war der Partner vielleicht gerade in diesem Moment nicht ehrlich? War das wirklich, weil derjenige mich hintergehen wollte? Mir das verheimlichen wollte?

Oder hatte derjenige in dem Moment nur die Angst gehabt mit mir zu reden, weil er dachte, er wird abgelehnt, wenn er das jetzt sagt? 

Ein Verständnis füreinander aufbringen, auch wenn mal eine Regel gebrochen wird, auch wenn mal für einen Moment nicht 100-prozentig Ehrlichkeit da war, sondern auch immer dieses Verständnis zu haben. Wie war die Situation eigentlich?

Da gehört dann auch wieder Ehrlichkeit dazu: Ehrlich darüber sprechen zu können, warum man zum Beispiel nicht ehrlich sein konnte.

Die Werte in deiner polygamischen Beziehung können sich von anderen unterscheiden. 

was bedeutet Liebe fuer dich

Was bedeutet Liebe für dich in der Polyamorie?

Mai: Ich muss auch dazusagen das dies ein großer Wert bei uns beiden, Oli und mir in der Beziehung ist. Aber ich kenne auch Leute, die Polyamorie ganz anders leben oder eine offene Beziehung, wo nur der eine Partner offen ist.

Ich kenne ein Paar, bei denen der Mann ganz klar andere sexuelle Bedürfnisse hat als seine Frau. Die haben Kinder, haben ein Haus und sagen auch sie wollen ihr Leben weiterhin zusammen verbringen aber er hat halt Bedürfnisse nach BDSM, Dominanz und Machtspielchen. Das ist halt überhaupt nicht ihres.

Da finde ich es total schön, dass Sie sagt, ich habe da kein Bedürfnis nach. Sie hat auch kein Bedürfnis nach anderen sexuellen Aktivitäten. Sie hat alle Hände voll mit Haushalt und Kindern zu tun und das ist für sie so voll in Ordnung.

Deswegen geht er sich eben seine sexuellen Bedürfnisse woanders holen. Gleichzeitig sagt sie aber auch, dass sie nichts davon hören will. Sie will es nicht wissen, sie will nicht erfahren, wann er sich mit wem und warum trifft.

Er soll ihr lieber sagen, dass er länger gearbeitet hat, oder hat eine Dienstreise oder sonst etwas. Als ich das im ersten Moment erfahren habe fand ich das komisch und gleichzeitig, wenn das ihre Bedingungen ist und sie damit ihren größten Seelenfrieden hat und sie damit ihre Beziehung aufrechterhält, mit der sie ansonsten glücklich sind, sind das ihre Werte.

Nur, weil es nicht meinen Werten entspricht, ist das nicht schlechter, ist das keine schlechtere offene Beziehung.

Kathrin: Ein sehr schönes Beispiel. Da ist es auch die Eigenverantwortung: Sie hat eigenverantwortlich entschieden, dass sie es nicht wissen möchte, da ist ihre Grenze.

Was auch superkraftvoll ist für sich selber festzulegen, was möchte ich überhaupt wissen und was nicht.

Eine Grundlage kann nicht sein das man immer über alles reden muss. Für manche Paare funktioniert das so nicht. 

Ich würde sowieso immer von Verallgemeinerungen absehen. Es gibt nicht dieses eine Rezept wie offene Beziehung und Polyamorie funktioniert, sondern man macht seine eigenen Regeln. Das ist ja gerade der Witz.

Das, was du für dich machst, funktioniert dann oder funktioniert eben nicht. Es ist total wichtig, bei anderen zu schauen und sich zu fragen "Hey wie macht das eigentlich Mai oder Kathrin oder sonst jemand". 

Superspannend und schau dir an wie das Leben sein kann, was für Regeln andere haben, was diejenigen für gute Werten halten aber mach dein eigenes Ding.

Mach deine eigenen Werte und schau was für dich wichtig ist und was für dich funktioniert.

Das ist viel wichtiger als sich irgendein Konzept anzueignen oder nach irgendeinem Konzept zu leben und daran festzuhalten.

Das Standardregelwerk einer Beziehung

was sind deine Regeln bei einer monogamen Beziehung

was sind deine Regeln bei einer monogamen Beziehung

Mai: Etwas noch viel Grundsätzliches, was du am Anfang schon kurz erwähnt hattest, zur Standard-Beziehung.

Eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme, ist, was wir denn für Regeln in unserer Beziehung haben. Dann frage ich gerne zurück, was sie für Regeln in der Beziehung haben.

“Ja wir sind halt in einer ganz normalen Beziehung.” An dem Punkt finde ich das so spannend, weil wir in einer Welt aufwachsen, wo es gewisse Standard-Regeln in einer Beziehung gibt, über die aber selten gesprochen wird.

Teenager-Zeiten, man ist zusammen und spricht vorher noch: “Was hältst du denn von Treue? Treue ist mir total wichtig.” Und das war es dann, nie wieder hat man darüber gesprochen.

Irgendwie scheint ein halbwegs Konsens in der Gesellschaft verankert zu sein, dass man einander nicht fremdgeht. Aber wo ist denn die Grenze beim fremdgehen?

Ist es okay, dass ich über meinen sexy Sportlehrer fantasiere oder darf ich jetzt flirten, darf ich rumknutschen, darf ich rummachen? Ich habe auch schon mal gehört, dass es nur Sex ist, wenn man wirklich einen Koitus hat. 

Da hab ich dann schon Geschichten gehört, dass dann die Frau mit einem Typen zwei Tage lang die wildesten Dinge gemacht hat und immer wenn sie kurz davor waren ihre Genitalien zu vereinigen was anderes gemacht haben. Sie ist ihrem Mann ja nicht fremd gegangen.

Wo ich mir so dachte: Bitte was?

Die Definition von Fremdgehen wird in einer normalen monogamen Beziehung so gut wie gar nicht angesprochen.

Ich finde, sich Regeln setzen ist gar nichts Spezifisches für offene Beziehung und die Polyamorie.

Aber bei der Polyamorie tut man es halt, weil man es tun und überdenken muss denn beide müssen sich Gedanken darüber machen, was ist für mich stimmig und was ist für den anderen stimmig und was ist für uns beide stimmig.

Kathrin: Das ist wieder das Thema bewusste Beziehung. Auch eine monogame Beziehung kann man bewusst gestalten und sich als Paar über diese ganzen Fragen Gedanken machen. Wie sehen wir das eigentlich? Sich diese Regeln wirklich mal anzugucken.

Aller Anfang einer Polyamorie ist schwer

unterschied zwischen Polygamie und offene Beziehung

Was ist der Unterschied zwischen Polyamorie und einer offenen Beziehung?

Kathrin: Was ich festgestellt habe, ist, dass gerade Paare, die neu starten und ihre Beziehung gerade öffnen wollen, am Anfang total viele Regeln brauchen. Weil das alles plötzlich so offen, so frei ist und sich das so gruselig anfühlt, braucht man dieses Gerüst an Regeln.

Es gibt einem eine Struktur, woran man sich festhalten kann. Der Ersatz für die Sicherheit, die verloren geht. Deswegen tendiert man gerade am Anfang dazu viele Regeln zu machen. Das ist total okay.

Wir hatten am Anfang superviele Regeln. Ich wollte zum Beispiel früher immer gerne angerufen werden, dass er sich danach bei mir meldet.

Nicht das der Tag einfach nach so einem Date weitergeht und er dann den ganzen Tag arbeiten ist und ich irgendwie nichts von ihm höre, sondern ich wollte wissen, ob alles okay ist.

Nach dem Motto: Sag das du mich noch liebst. Oder das man am Anfang vereinbart das man nicht bei anderen Partnern übernachtet.

Total wichtig, mach deine 20.000 Regeln aber dann auch wieder gucken: Sind Sie noch notwendig? Hat es funktioniert? Vieles funktioniert auch einfach überhaupt nicht.

Wir hatten zum Beispiel die Regel, es geht nur um Sex und es sind keine Gefühle involviert. Was eine Bullshitregel, wenn man darüber nachdenkt, wie willst du das kontrollieren?

Und natürlich hat das nicht geklappt, natürlich hat man Gefühle für andere Menschen, wir sind ja keine Steine, keine Roboter.

Es geht ja genau darum eine Verbindung zu haben und ja es geht oft “nur um Sex”. Aber auch da, wenn es nur um Sex geht, hat man ja eine Verbindung zu der Person und Gefühle und das soll ja auch so sein.

Deswegen Regeln sind wichtig, aber dürfen dann auch immer wieder mal hinterfragt werden oder einfach mal wieder über den Haufen geworfen werden.

Typische Grundregeln die bei Polyamorie angewandt werden

was wenn du mehr als nur eine person verliebst

Was wenn du in mehr als nur eine Person verliebt bist?

Mai: Kannst du mal typische Grundregeln aufzählen? Sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene. Das sich die Leute einfach mal ein Bild davon machen können. Ich stelle mir vor, dass jemand der gerade zuhört und gerade interessiert ist, auf einem komplett weißen Blatt anfängt.

Wenn du da einfach mal ein paar Beispielregeln aus deiner Erfahrung mit deinen Klienten/Klientinnen gibst. Ich glaube, das würde helfen.

Kathrin: Ich würde zum Beispiel mit dem Thema anfangen: Wann darf denn ein Kontakt mit jemand anderem stattfinden? Das ist eine grundsätzliche Sache.

Wenn du dann nämlich in dieser Situation bist, dass die Beziehung geöffnet ist und du nicht weißt okay passiert jetzt gerade was? Trifft mein Partner sich mit jemanden? Hat der Kontakt mit jemandem? Passiert es gerade jetzt? Am nächsten Tag? Oder passiert gar nichts?

Sich damit auseinanderzusetzen: Wie soll das überhaupt ablaufen? Es gibt zum Beispiel die Regel, dass nur, wenn man getrennt, alleine auf eine Party geht, man da jemanden kennenlernen darf oder darf man tindern? Wird sich das gesagt, wenn man sich mit jemanden trifft und ein Date hat?

Soll das offen kommuniziert werden oder macht man die “Don’t ask, don’t tell” Geschichte? Damit würde ich immer anfangen. Wie viel tut mir gut zu wissen?

Dann gibt es natürlich am Anfang dieser Geschichten, wo man sich vielleicht besser fühlt, wenn es gerade diese Übernachtungsregel gibt, dass man nicht miteinander übernachtet.

Ich wollte am Anfang die Regel haben, dass er niemand anderen küssen darf. Das ist natürlich Quatsch. Aber es war für mich, diese Intimität füreinander zu bewahren.

Welche Regel brauchst du um diese Exklusivität, die es in eurer Beziehung gibt, erhalten zu bleiben? Was brauchst du erst einmal dafür? Das nicht gleich auf einen Schlag auf einmal alles offen ist, sondern man das Stück für Stück angeht.

Wie kann ich das erweitern? Manche Leute stellen die Regel auf, bestimmte sexuelle Praktiken auszuschließen. Zum Beispiel keinen Oralverkehr mit anderen Partnern das ist zu intim. Solche Sachen. 

Grundsätzlich würde ich immer darüber reden, wie kommuniziert werden soll. Wer erzählt was? Ist es okay, wenn der Partner von einem Date nach Hause kommt, zu erzählen wie schön es war?

Oder gehört dieser Bereich dem anderen Partner, der zu Hause saß und nicht auf dem Date war, nur das beantwortet zu bekommen, was derjenige fragt und wissen möchte. 

Typische Sache ist, dass man Gruppen ausschließt, kein treffen aus dem Freundeskreis oder niemand auf der Arbeit.

Ist eine Beziehung offen, wenn man sich ein Paar eine dritte Person in deren Sexleben dazu holt?

wie geht man mit Eifersucht um - offene Beziehung

Wie geht man mit Eifersucht in einer offenen Beziehung um?

Mai: Mal wieder eine Zuschauerfrage: Wie ist es eigentlich mit Paaren, die mit anderen Sex haben, aber immer zusammen sind, sich quasi jemanden dazu holen oder über die Interaktion immer miteinander in Abstimmung sind? Sind die offen oder nicht offen?

Kathrin: Braucht man so eine Definition dafür? Ich glaube, es ist wichtig, das die Paare das für sich selber definieren. Aber nennt man das nicht Swingender? 

Mai: Ist so eine Zwischenzone, die einen würden sich als Swinger bezeichnen. Ich kenne Leute, die leben so und die bezeichnen sich als Swinger.

Die würden niemals sagen, dass sie eine offene Beziehung haben, weil für sie das wirklich wichtig ist, zusammen da zu sein.

In meiner Welt ist es eine offene Beziehung, weil sie haben mit anderen Leuten Sex. 

Für alle noch mal: Offene Beziehung ist nichts, was klar definiert ist, geschweige den einen festen Rahmen hat. Ich glaube, in den Neunzigern ist Polyamorie erst so richtig als Begriff entstanden - das habe ich mal im Buch "Schlampen mit Moral" gelesen.

Da muss man sich klarmachen das es einfach etwas “Neues” ist oder das die Gesellschaft zumindest erst Anfang der Neunziger so weit war das zu thematisieren und dem Ganzen einen Begriff zu geben, über den man überhaupt reden kann.

Kathrin: Daran sieht man so schön wie jung das Thema ist ähnlich wie mit der ganzen Gendergeschichte. Wie wenig Begriffe da einfach vorhanden sind.

Da müssen einfach noch Begriffe erfunden werden, die das dann definieren. Ich glaube nicht das es für Leute, die eine Beziehung haben und sich jemand Dritten oder Vierten dazu holen, einen allgemeingültigen Begriff gibt.

Und durchaus gibt es diese Konstellation. Könnten Sie sich mal etwas überlegen.

Mai: Vielleicht ist ja jemand gerade aus der Wissenschaft da, der uns zuhört und eine Studie dazu machen möchte.

Gibt es Tabus und Grenzen in der Polyamorie bzw. offenen Beziehung? 

polygamie und gluecklich

Polyamorie und glücklich

Mai: Passend zu dem Thema "Regeln" gab es noch die Frage: Gibt es bei Polyamorie eigentlich Tabus oder Grenzen? 

Kathrin: Die, die du aufstellst. Die Grenzen, die Tabus gibt es. Es gibt keine Tabus, solange sie nicht thematisiert worden sind. Das definiert jeder für sich selber.

Klar können wir in Grenzen denken, die offensichtlich sind: Es wird natürlich niemand verletzt im Sinne von missbraucht oder jemandem wird Leid angetan.

Das sollte auch ein Tabu sein, eine Grenze in einer offenen Beziehung, weil füge ich schon jemandem Leid an, wenn ich ihm nicht sage, dass ich eine offene Beziehung habe?

Im Endeffekt muss jeder selbst entscheiden was eine Grenze, was ein Tabu ist.

Der Gegner in der Polyamorie: Eifersucht

offene beziehung

Eifersucht und offene Beziehung

Mai: Einer, der Top drei Fragen, die immer wieder vorkommen ist: Wie ist das mit der Eifersucht?

Kathrin: Bist du eifersüchtig?

Mai: Ja, du?

Kathrin: Ja, meine Reise war lang, ich war mal sehr eifersüchtig. Auf einer Skala von eins bis zehn ungefähr hundert.

Ich hatte jetzt wirklich öfters schon Momente, wo ich wirklich keine Eifersucht gespürt habe. Es hat sich bei mir viel transformiert aber es kommt auch immer darauf an, wie ich gerade mit mir bin.

Bin ich gerade mit mir im Reinen? Bin ich in meiner Kraft? Wenn aus irgendeinem Grund gerade mein Selbstwertgefühl nicht so gut ist, bin ich auch mehr eifersüchtig.

Eifersucht ist eines meiner größten Lieblingsthemen, wo ich selber viel Transformation durchgemacht habe und natürlich immer wieder darüber gefragt werde.

Wie kann ich denn damit umgehen? Wie kann man denn dagegen ankämpfen? Wo ich immer sage: Nicht dagegen ankämpfen, annehmen und dann ist immer die Frage: Wie macht man das überhaupt, Eifersucht annehmen?

Ich finde, es ist ganz wichtig erst einmal da anzufangen, wo man gerade steht. Ich hatte zum Beispiel immer den Wunsch einen entspannten Abend zu Hause verbringen zu können, es genießen zu können, Zeit für mich zu haben, wenn mein Freund auf einem Date ist. Nicht in Tränen und Panik auszubrechen.

Ich hatte immer dieses Bild: So möchte ich sein aber da war ich noch nicht. Nicht immer denken, dass die anderen das doch schon gut hinkriegen und ich nicht. Sich nicht da hin zu zwingen, sondern den Weg dorthin zu gehen, es ist ein langer Weg und die Leute wollen da immer sofort hin.

Die wollen immer so ein drei Schritte Programm, in zehn Tagen Eifersucht loswerden. Das funktioniert einfach nicht und es gibt in der Polyamorie immer wieder Up’s und Down’s, deswegen immer da anfangen, wo du bist.

Als Nächstes bei sich selbst anzufangen, es ist nicht so, dass der Partner einen eifersüchtig macht, sondern Eifersucht ist nur die Spitze des Eisbergs, darunter stehen dann vielleicht Verlustängste, geringer Selbstwert, eine geringe Selbstwertschätzung, da steht: Ich kümmere mich nicht selber genug um mich. Es hat immer was mit dir selber zu tun.

Die Geschichten, die wir uns erzählen, wie Beziehung sein soll und die ganzen Vorstellungen die wir so über Disney und Hollywood in unseren Köpfen drin haben.

So sind wir alle geprägt und so sind wir aufgewachsen, so haben wir Beziehung gesehen und das erst mal wieder aufzuweichen und zu sehen okay das darf auch anders sein.

Liebe ist nicht nur dieses: “Wir sind uns treu bis ans Lebensende”, sondern es kann auch ganz anders ablaufen. Das dauert einfach Zeit und ist ein langer Weg. Diesen Weg zu akzeptieren und Stück für Stück anzunehmen.

Oft ist es so: Man hat dieses Gefühl und dann wird alles andere weggespült, sodass es einen total einnimmt und nur noch die Eifersucht da ist.

Dann geht die Spirale los, es ist gar kein richtiges Fühlen mehr, sondern man denkt dann dieses Gefühl. Da richtig fühlen zu lernen. Ich mache demnächst eine E-Mail-Serie darüber, wie man Eifersucht richtig fühlt, ohne sich dann direkt davon wegtragen zu lassen.

Mai: Wo kann man sich denn für deine E-Mail-Serie anmelden?

Kathrin: Einfach auf Instagram oder auf meiner Homepage den Newsletter abonnieren. Eifersucht ist einfach so ein Riesenthema, wo ich glaube, ganz gut viel weitergeben zu können und es einfach teilen möchte, wie man richtig fühlt, wo man anfängt, welche Fragen man sich stellen kann, wie man sich selber besser kennenlernt und sich mit dem Thema  bewusster beschäftigt, ohne das es gleich dieses: “In zehn Tagen Eifersucht frei” ist.

Mai: Da werde ich mich auf jeden Fall auch eintragen. Witzigerweise, gerade als du mich am Anfang gefragt hast, ob ich eifersüchtig bin, muss ich das noch ein bisschen ins Licht rücken. Das finde ich ganz spannend.

In meinem früheren monogamen Beziehungen war ich null eifersüchtig in Relation zu meinen Partnern. Ich war immer diejenige, die eher flirty unterwegs war und eher den Drang dazu hatte die Beziehung zu öffnen. 

Ich wollte schon sehr lange offen leben aber meine Partner waren da nie bereit bzw. offen für. In der Regel war ich die, die überhaupt nicht eifersüchtig war und meine Partner auch nicht so, dass sie das Gefühl hatten, einen Grund zu haben eifersüchtig zu sein.

Erst seitdem ich mit meinem jetzigen Partner, dem Oli zusammen bin, empfinde ich das.

Er ist halt komplett eifersuchtsfrei, hat aber auch ein bisschen Vorsprung, was ich erwähnen muss: Der hat schon zehn Jahre in einer offenen Beziehung mit Kindern gelebt.

Das macht natürlich etwas mit einem, erst seit dem Punkt habe ich Eifersucht kennengelernt. Ich glaube, in Relation zum Durchschnitt der Gesellschaft bin ich immer noch sehr wenig eifersüchtig aber in Relation zu meinem Partner bin ich eifersüchtig.

Obwohl ich sehr wenig eifersüchtig bin, bin ich die eifersüchtigere von uns beiden.

Damit muss ich jetzt umgehen, weil ich vor der Polyamorie auch einfach nie einen Anlass von meinen Partnern gespürt habe.

Eifersucht in der Monogamie vs. Eifersucht in der Polyamorie

offene Beziehung und Eifersucht meistern

Die Eifersucht in einer offenen Beziehung/ Polyamorie meistern

Mai: Noch eine Frage zum Thema Eifersucht war, ob die Eifersucht in einer offenen Beziehung eine andere oder die gleiche Eifersucht wie in der Monogamie ist?

Kathrin: Ich würde sagen in der Tiefe ist es dasselbe, weil einen dieselben Ängste und dieselben Muster triggern, aber was das Praktische angeht, ist es schon etwas ganz anderes.

Es ist einfach ein ganz anderes Set-up. Wenn du jetzt in einer monogamen Beziehung bist und dein Freund ist alleine auf einer Party und du bist eifersüchtig und weißt nicht, was da passiert und es könnte sein das etwas abläuft, was du nicht mitbekommst. Dann ist das ein ganz anderes Gefühl, dieses Nichtwissen.

Während man jetzt in einer offenen Beziehung zumindest, wenn man offen miteinander kommuniziert, das du genau weißt, dass da gerade etwas läuft.

Dieser Moment, wenn du wirklich zu Hause sitzt und du weißt, dein Partner ist da gerade mit jemanden und natürlich haben die Sex. Das fühlt sich dann schon nochmal härter an.

Aber im Kern können es die gleichen Ängste und Muster sein.

Mai: Sehe ich auch so. So ein bisschen Next-Level Eifersucht. 

Es hat mir extrem geholfen, als ich angefangen habe, mich mit Gefühlen auseinanderzusetzen. Gerade auch Trauer, Enttäuschungen, gewaltfreie Kommunikation, weil ein Grundsatz dessen ist ja, dass niemand dir ein Gefühl machen kann.

Egal was mein Gegenüber tut, das Gefühl ist in mir und ich reagiere auf eine Situation. Es ist eine Interpretation der Situation, die ich mache und die dann ein Gefühl in mir auslöst.

Das heißt, ich bin nicht eifersüchtig, weil mein Partner mit jemandem knutscht, sondern ich bin eifersüchtig, weil ich aus dieser Situation bestimmte Schlüsse ziehe und daraus Dinge interpretiere und denke.

In unserer Gesellschaft kriegen wir das anders beigebracht. Wenn ich mich an Disney und Hollywood erinnere, ist es der Freund, der einen eifersüchtig macht und man so traurig ist, weil der Freund irgendetwas macht.

Diese kausale Verknüpfung zwischen Gefühl und weil jemand etwas getan oder nicht getan hat. Das ist so eingebrannt in unserer Gesellschaft, dass es für mich revolutionär war und mein Leben verändert hat, das dies nicht zusammenhängt. Dass ich daran was tun kann.

Kathrin: Das meinte ich mit: Schau bei dir selber. Eifersucht ist ein Geschenk, Eifersucht ist eine Lehrerin, die zeigt dir die Abgründe und klar da möchte man nicht unbedingt hin, weil es einfach wehtut, weil es schwierig ist, weil es dunkel sein kann.

Wenn man sich aber darauf einlässt und das Geschenk darin erkennt und sich traut das anzugucken dann ist es einfach eine Riesenchance auf Transformation. Bei gewaltfreier Kommunikation geht es ja auch viel, darum Bedürfnisse zu äußern.

Im Zusammenhang mit Eifersucht finde ich es elementar wichtig, dass man weiß, was man vom Partner braucht. Dass man nach Unterstützung fragen kann. Ich habe zum Beispiel so oft gefragt, ob er mich denn noch liebt. Das war eigentlich klar aber ich wollte es an diesem Tag zum Zehnten mal hören.

Klar muss man sich die selber geben und Selbstliebe aber manchmal braucht man die Bestätigung vom Partner. Um die Basis zu festigen und zu wissen, man kann sich darauf jetzt verlassen.

Da einfach über die gewaltfreie Kommunikation (GfK) einfach zu formulieren was man vom Partner braucht.

Vom Betrug in die offene Beziehung: Kathrins Weg in die Polyamorie

offene beziehung will ich das

Offene Beziehung - ist daswas du wirklich willst?

Mai: Kommen wir zu einer tatsächlich etwas persönlicherer Frage: Seit wann haben wir denn das Bedürfnis nach einer offenen Beziehung, gab es einen Auslöser und wie ist es dann dazu gekommen?

Kathrin: Seit fünf Jahren mach ich das. Am Anfang quasi unfreiwillig. Ich wurde ganz klassisch betrogen. Wir waren in einer monogamen Beziehung und mein Partner ist fremdgegangen. Dann haben wir daraufhin die Beziehung geöffnet, weil ich über Bücher, die über dieses fremdgehen gingen, diese Welt entdeckt habe.

Da hab ich mich so in anderen Beziehungsformen wiedergefunden, dass am Ende ich diejenige war, die diesen Weg gemeinsam gehen wollte und das angestoßen hat. So sind wir da quasi reingerutscht. Ich würde aber sagen, dass ich eigentlich noch nie monogam war.

Es war einfach nie so und das musste ich mir auch erst eingestehen, was total schwer für mich war. Ich hab mir lange eingeredet in dieser monogamen Beziehung glücklich sein zu müssen.

Ich hatte davor andere Partner unter anderem mein erster Freund, mit dem ich fünf Jahre zusammen war.

Das war eine total schöne harmonische Beziehung und selbst da war es so, dass ich mich irgendwie immer irgendwie verguckt habe oder irgendwo auf einer Party war und mir dachte, knutschen oder mal flirten würde ich schon gerne. Ich fand einfach anderen Menschen spannend.

Ich fand es einfach toll Männer kennenzulernen und habe einfach auch viel diese Anziehung gespürt. In der monogamen Beziehung habe ich mich dafür immer total verurteilt.

Wie du am Anfang erzählt hast: "Das darf jetzt nicht sein und sofort den Riegel davorzuschieben und gar nicht mehr mit den Typen reden, weil man darf das ja nicht."

Im Endeffekt habe ich das dann auf meine Partner projiziert und war so eifersüchtig, wenn die irgendwie was gemacht haben, weil ich genau wusste, dass ich mich in der Situation so fühlen würde das ich gerne mit jemand anderem, was anfangen wollen würde.

Ich habe mir da so etwas vorgemacht, wie ich zu sein habe und mir Druck gemacht habe und mich dazu verurteilt habe.

Aber wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich das schon seit ich das erste Mal verknallt war, dass mich die nächste Woche schon irgendwie jemand anderes interessierte.

Das hat nichts mit nicht bindungsfähig sein zu tun, sondern manche Menschen sind einfach so. Manche Menschen spüren diese Anziehung mit anderen mehr, sind dafür offener, haben Lust darauf, sind da neugierig.

Deswegen war der Betrug bei uns der Auslöser. Aber es war quasi das, was meinem "naturell" auch entsprach.

“Ich habe mich falsch gefühlt. ”: Mais Weg in die Polyamorie

Mein Weg der Polyamerie

Mein Weg der Polyamorie

Mai: Bei mir war es tatsächlich auch schon seit ich Sexualität für mich entdeckt habe. Ich habe immer gespürt das, da etwas nicht stimmt, das ist nicht richtig.

Diese Hollywoodvorstellung: Man hat eine Beziehung und der Partner ist alles für einen, der befriedigt einen sexuell, intellektuell, soll der beste Freund sein.

Das war für mich überhaupt nicht stimmig, ich hatte mich falsch gefühlt. Ich habe nicht verstanden, dass es okay ist, was ich für die Polyamorie spüre und denke.

Ich habe versucht in dieses Bild reinzupassen, versucht eine tolle Freundin zu sein, versucht in meinem Partner alles auf einmal zu sehen und habe mich da immer reingezwängt.

Ich hab mich, genauso wie du, dauernd verknallt. Ich habe mich sehr früh philosophisch gefragt: Was ist Liebe eigentlich für mich. Es gibt die romantische Liebe mit dem Partner und die Liebe zu seiner Familie, klar. Das sind die beiden Felder, in denen man das Wort Liebe irgendwie nutzen darf.

Aber wie ist denn das mit meinen Freunden? Ich liebe auch meine Freunde. Ich liebe meine beste Freundin abgöttisch. Ich habe mich auch tatsächlich mal, als Teenager in meine beste Freundin verknallt aber das war ja auch nicht okay.

Ich habe irgendwie gemerkt, dass Liebe für mich so viel mehr ist, als das bisschen, was in unserer Gesellschaft anerkannt ist. Ich habe auch gemerkt, dass ich mich fast ein bisschen in jeden Menschen, den ich kennenlerne, verknalle.

Ich sehe halt die schönen und die positiven Seiten an den Menschen je mehr ich die Menschen kennenlerne. Entweder verfliegt das oder es wird mehr. 

Für mich ist Liebe auch einfach die Verbindung zwischen zwei Menschen und die habe ich in dem Moment, in dem ich mit jemandem mehr Kontakt habe.

In der Regel war es dann tatsächlich so, dass ich meistens die Beziehung beendet habe, wenn ich mich in wen verknallt habe.

Weil ich Schiss hatte entweder fremdzugehen oder unglücklich in der Beziehung zu bleiben. Wenn ich mich nämlich in jemand anderes verknalle, kann ich ihn ja gar nicht wirklich lieben.

So sind bei mir vor der Polyamorie mit Oli einige Beziehungen geendet, weil ich diesen seltsamen Gedanken nachgegangen bin, weil ich es nicht anders kannte und nicht besser wusste.

Kathrin: Standard-Modus. Witzig, da wir ja genau das Gleiche erlebt haben, das wir damals noch nicht in dem Bewusstsein waren, nicht auf die Idee gekommen sind, das System und das Modell infrage zu stellen, sondern uns selber.

Wir können anscheinend nicht richtig sein, wenn wir so empfinden wie wir empfinden. Das ist so schade, dass da mittlerweile mehr Bewusstsein in der Gesellschaft ist.

Bei Jugendlichen ist es noch ein langer Weg, damit umzugehen aber das wenigstens die Möglichkeiten da sind, dass man Sachen anders machen kann.

Warum Polyamorie in der #MeToo Reihe?

Welche Regeln hast du in einer polygamischen Beziehung

Welche Regeln hast du in einer polygamischen Beziehung?

Mai: Das ist auch der Grund, warum ich dich dazu eingeladen habe, obwohl das Thema eigentlich eher ein Off Topic für meine #MeToo Reihe ist, aus Erfahrung. In dem Moment, indem man sich diesem Thema öffnet: #MeToo, sexueller Missbrauch, das Erleben wird ein massiver Persönlichkeitsentwicklungsstein losgerollt.

Eigentlich fängt man an, sein komplettes Leben zu hinterfragen. Warum dann nicht gleich noch eine mini Information mit dazugeben, vielleicht möchtest du auch deine Beziehung überdenken.

Es geht mir auch wirklich nicht darum, dass jeder in einer offenen Beziehung leben soll.

Es ist einfach nur eine Facette, die vielleicht hilfreich ist. Vielleicht bist du auch erleichtert, dass es endlich jemand ausspricht, was du fühlst und denkst.

Darum geht es ja auch ganz viel in diesem Projekt hier: Gefühle zu verbalisieren, von denen du bisher dachtest, dass nur du sie fühlst.

Ansonsten ist es vielleicht einfach nur etwas Interessantes für dich, dass du jetzt neue Denkanstöße hast.

Wenn du erfahren möchtest wie es dann dazu kam das Mai in einer offenen Beziehung gelandet ist und wie du deinem Partner erklären kannst, dass du die Beziehung öffnen willst. Außerdem wird es darum gehen ob Partner die fremdgehen auch gleich polyamor sind oder Polyamorie ein Produkt unserer modernen Gesellschaft ist um sich nicht festlegen zu müssen?

Dann lese oder höre gerne in den zweiten Teil des Interviews mit Kathrin rein. Außerdem erzählt dir Kathrin ein bisschen mehr von ihrem Projekt: Der sicheren Internetplattform für alle die in Polyamorie und/oder offene Beziehung interessiert sind oder sogar schon danach leben.

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About the Author

Hi, ich bin Mai 😊 Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht Opfern sexuellen Missbrauchs zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Auch wenn eure Scham und Angst etwas anderes erzählen: Das ist nicht wahr! Und es kommt noch besser: Der richtige schöne Teil eures Lebens liegt noch vor euch! Ich habe es geschafft, aus dem schlimmsten Erlebnis meines Lebens, eine enorme Kraft zu ziehen & mein Leben nach meinen Ideen neu zu gestalten - also kannst du das auch! Deine Mai 💛

  • […] Beziehung noch Sinn ergibt. Ihre Klarheit hilft vielen im alltäglichen Leben. Wir sprechen über Polyamorie und ich erzähle euch wie ich gemerkt habe das ich polyamor bin.Ist Polyamorie die Flucht vor […]

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