Trauma verdrängt und mit Leistung kompensiert - Lenas #metoo-Story

Trauma verdrängt und mit Leistung kompensiert – Lenas #metoo-Story

Apr 30

Heute gibt es eine #metoo-Story von Lena die für viele Jahre, ihr Trauma verdrängt hat. Sie hat mit 6 Jahren sexuellen Missbrauch erlebt.

Heute erzählt sie, wie bei ihr die Erkenntnis nach der Amnesie kam und wie ihr Weg bis zu einer professionellen Hilfe war. 

Sie berichtet darüber, wie schlimm der Moment der Realisation war und wir sprechen auch über ihre Erlebnisse in einer Psychiatrie während des Corona- Lockdowns.

Lena hat ihre Missbrauchserfahrung 32 Jahre lang komplett verdrängt. Diese Amnesie ist ein typischer Schutzmechanismus des Körpers und kann häufig nach traumatischen Erlebnissen entstehen.

Lena selbst war wegen einer Trennung ein Jahr in einer Gesprächstherapie und bei ihr war der akute Auslöser, dass sie mit ihrer Therapeutin über das Thema Grenzüberschreitungen gesprochen hat.

Ein Flashback bringt alle Erinnerungen an den Missbrauch zurück - Trauma verdrängt

Trauma verdraengt

Zuhause beim Falten der Wäsche erlitt sie dann den ersten Flashback. Damit kam die Lawine ins Rollen.

In diesem Flashback kamen Lena erste Erinnerungen an einen Skiurlaub, die sie nicht richtig einordnen konnte. Sie erlebte, wie sie plötzlich ganz überdreht und unruhig war.

Noch einen Tag dauerte es bis Lena im Büro auf der Arbeit klar wurde, was sie erlebt hatte. Danach folgte ein Zusammenbruch weshalb sie direkt von ihrem Bruder und ihrer Schwägerin von der Arbeit abgeholt wurde.

Lena berichtet, dass sie sich, wie viele Betroffene, anfangs gar nicht klar darüber war, ob ihr das wirklich passiert ist und dass sie traumatisiert ist.

Sie hat sich sofort auf den Weg in eine Psychiatrie gemacht, wobei sie keine Kraft mehr hatte, alleine zum Auto zu gehen. Auf der Autofahrt erlebte sie gleich zwei Panikattacken.

Wie schlimm so Momente sein können sieht man daran, dass sie in diesem Moment reine Todesangst gespürt hat und nicht wusste, ob sie diese Situation gerade überleben würde.

Sie hat sich gefühlt, wie das kleine sechsjährige Mädchen, war nicht mehr sie selbst und hatte Angst, die Kontrolle über ihren Körper komplett zu verlieren.

Da die Psyche so viele Jahre Lenas Erfahrung verkapselt hat, ist es sehr belastend wenn dann alles plötzlich „hochkommt“.

Corona Regelungen machten die psychiatrischen Behandlungen in einer Notsituation noch schwieriger

Trauma verdraengt sexueller Missbrauch

In der Psychiatrie angekommen erlebte Lena leider ein Worst-Case-Szenario. Da dies zu der Zeit war, wo gerade der erste Corona-Lockdown war, musste sie direkt nach der Einweisung eine Woche lang in Isolation.

Sie bekam zwar eine medizinische Versorgung, aber hätte, so erzählt sie, mehr professionelle Hilfe benötigt.

Belastend empfand Lena, dass sie spürte, wie die Mitarbeiter:innen Angst hatten, sie könnte Covid-19 erkrankt sein. So war sie nun bereit und wollte über ihren Missbrauch sprechen und Hilfe annehmen, konnte diese aber aufgrund der Coronasituation nicht in Anspruch nehmen.

Bei Lena kamen viele ungünstige Umstände zusammen, aber dennoch konnte ihr nach der Isolation sehr gut geholfen werden.

Sie betont dennoch, dass ein Aufenthalt in einer Psychiatrie auch belastend sein kann, da man mit vielen anderen schlimmen Geschichten konfrontiert wird.

Wie Lena wieder stabil wurde nach dem sie ihr Trauma verdrängt hat

Nach 6 ½ Wochen ist sie dann in eine Tagesklinik gewechselt, wo sie wieder ihr Kind sehen konnte. Es ging Stück für Stück aufwärts und nach 4 Wochen Tagesklinik und drei Traumatherpiesitzungen ist Lena schnell wieder stabil gewesen.

Lena hat den juristischen Weg gewählt und eine Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Da sie nur den Vornamen des Täters kannte und ein einziges Bild von ihm im Fotoalbum besaß, ist es sehr schwer, den Täter zu finden.

Leider erlebte Lena in einem persönlichen Gespräch mit der Polizei, dass der Missbrauch verjährt ist und deshalb die Anzeige eingestellt wurde.

Extreme Erfahrungen resultieren oft in extreme Verhaltungsmuster - Trauma verdrängt über 30 Jahre lang

Lena weiß jetzt, dass sie jahrelang versucht hat, das Trauma durch Leistung zu kompensieren und wieso sie gegenüber ihrem Kind so einen extremen Beschützerinstinkt besaß.

Eine traumatische Erfahrung ist immer etwas Extremes, weshalb der Körper auch mit extremen Verhaltensmustern reagiert.

Man muss sich immer vor Augen halten, was für lebensverändernde Folgen ein Kindesmissbrauch hat und wie weitreichend das Leben dadurch in allen Bereichen verändert und belastet wird.

Heute kann Lena offen über ihren Missbrauch sprechen und weiß, wie wichtig es ist darüber zu sprechen um das Thema zu enttabuisieren.

Sie selbst sagt aber, dass sie dank der Erfahrungen auch ein posttraumatisches Wachstum erleben konnte. So möchte Sie heute anderen Mut machen, sich engagieren und Betroffenen helfen.

PS: Wenn du meine #metoo Story lesen möchtest, dann kannst du hier weiterlesen

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About the Author

Hi, ich bin Mai 😊 Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht Opfern sexuellen Missbrauchs zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Auch wenn eure Scham und Angst etwas anderes erzählen: Das ist nicht wahr! Und es kommt noch besser: Der richtige schöne Teil eures Lebens liegt noch vor euch! Ich habe es geschafft, aus dem schlimmsten Erlebnis meines Lebens, eine enorme Kraft zu ziehen & mein Leben nach meinen Ideen neu zu gestalten - also kannst du das auch! Deine Mai 💛

  • Loony sagt:

    Ich habe selber Erfahrungen mit sexuellem missbrauch gemacht, und hatte das Gefühl mir wird aus der Seele gesprochen. Danke.

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